Eine Ausstellung im Ortsmuseum Gossau ZH

22. Dezember 2024 und 5. Januar 2025

tuecher

Die Ausstellung zeigt die ukrainische Haushaltskultur und die Traditionen der Verwendung von bestickten Tüchern. Das bestickte Tuch ist ein zentrales Element der ukrainischen Traditionen. Ein Neugeborenes wird in ein Tuch gewickelt, Hochzeitszeremonien sind ohne ein Tuch nicht vollständig, und auch bei der Beerdigung eines Menschen wird ein Tuch benötigt. Ehrengäste werden mit Tüchern begrüsst, eine Mutter schenkt einem Kind, das erwachsen geworden ist und das Haus verlassen hat, ein Tuch und ein Mädchen bestickt ein Tuch als Geschenk für ihren Verlobten.

Tücher sind in der Ukraine auch heute noch ein Hausschmuck. Sie schmücken Ikonen an den Wänden, hängen über den Fenstern, liegen auf dem Tisch und werden für die traditionelle Nationalkleidung verwendet. Die ukrainischen Rushnyks sind sehr vielfältig: In jedem Teil des Landes haben die Frauen besondere Muster gestickt und dabei unterschiedliche Farben, Fäden, Stoffe und Stickstile verwendet. In der Sowjetunion hatten die armen Bauern nicht einmal gewebte Tücher und Fäden, also benutzten sie ein Stück Bettlaken als Grundlage und rissen die Fäden aus gestrickter Kleidung heraus. Die Näherinnen tauschten oft die Fäden aus, weil es nur wenige verschiedene Farben gab. Ukrainische Mädchen haben schon immer gerne gestickt und tun dies auch heute noch. Die Ausstellung hat auch eine symbolische Bedeutung: Viele ukrainische Frauen nahmen, als sie das Land wegen des Krieges verließen, ihre wertvollsten Besitztümer mit - von ihren Müttern bestickte Handtücher, Hochzeitstücher, bestickte Haushaltstücher. Wenn ukrainische Frauen ein Rushnyk sticken, ist das ein besonderes Ritual, das mit der Suche nach einem Muster beginnt und mit einem ruhigen, nachdenklichen Prozess endet. Es wird angenommen, dass ein Teil der Seele der Näherin in die Tücher übergeht.

In der Ausstellung symbolisieren die Tücher die Einsamkeit aufgrund der verlorenen Heimat und die Dankbarkeit für die Fürsorge im neuen Zuhause. Die ukrainischen Frauen brachten ihre eigenen Tücher in die Ausstellung, die sie von zu Hause mitgebracht haben und einige stammen aus privaten Sammlungen. So entstand eine sehr vielfältige, farbenfrohe und interessante Sammlung, die sowohl mehr als hundert Jahre alte Produkte, die von den Traditionen der Nachbarländer geprägt sind, als auch moderne ukrainische Tücher umfasst. Die meisten Tücher wurden von gewöhnlichen Hausfrauen bestickt, um ihr Heim zu schmücken. Sie sind also nicht von hoher Kunstfertigkeit, aber sehr kreativ, aufrichtig und einzigartig. Es gibt auch gewebte Tücher, die mit Häkelarbeiten verziert sind. Es gibt Tücher, die von Kunsthandwerkerinnen in der Schweiz hergestellt werden. Die Vielfalt der Kollektion ist bewundernswert und soll das Publikum inspirieren. Die Ausstellung richtet sich an Kunsthandwerker, Näherinnen und Menschen, die Volkskunst und andere Kulturen lieben.

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Über die Organisatorin der Ausstellung: Anna Pavlyk, wohnhaft in Gossau, Kriegsflüchtling aus der Ukraine, Mitbegründerin des Verein zur Förderung der ukrainischen Kultur in der Schweiz, Psychologin und Schriftstellerin. «Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich für die Möglichkeit, die Ausstellung zu organisieren und für die Unterstützung zu bedanken: Beim Sozialdienst von Gossau, der Museumsleiterin Jasmin Gadola, bei Rahel und Gianni Fenice aus Ottikon, der Familie von Maja und Heinz Bosshard-Keller aus Herschmettlen, Ieva und Robin Hull aus Bertschikon und bei allen Gossauerinnen und Gossauern, die das Projekt unterstützt und mir erlaubt haben, die Tücher in ihren Gärten zu fotografieren. Nur dank ihrer freundlichen Haltung und ihrer aufrichtigen Bewunderung für die Schönheit des Kunsthandwerks wurde diese Ausstellung möglich.»

Ortsmuseum Gossau: Dürstelerhaus
Grüningerstrasse 150
8626 Ottikon

Öffnungszeiten: 22. Dezember 2024 und 5. Januar 2025, 14 – 18 Uhr